Glück kommt durch die Tür der Dankbarkeit

Dankbarkeit ist die Fähigkeit, den Wert dessen zu erkennen und zu genießen, was wir bereits besitzen. Sie ist nicht an Bedingungen gebunden.

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Es war einmal ein junger Mann, der ständig unzufrieden war. Er kritisierte seine Professoren dafür, dass sie seine Erwartungen nicht erfüllten, und attackierte seine Mitmenschen häufig mit gereizten Worten. Um der unzufriedenstellenden Realität zu entkommen, machte er sich allein auf die Suche nach einem Ausweg. Doch seine Reise war voller Rückschläge: Flugverspätungen, ein verlorener Geldbeutel und ein Missgeschick nach dem anderen. Während er sich verzweifelt um eine bezahlbare Unterkunft bemühte, lud ihn eine ältere Dame freundlich zu sich nach Hause ein. Während sie ihm eine warme Suppe servierte, erzählte sie allerlei Geschichten, mit einer abschließenden Bemerkung:

„Es gibt einen bemerkenswerten Spruch, der Gutes ins Leben holt.“

Mit gespitzten Ohren und weit geöffneten Augen hörte ihr der junge Mann zu. Er nahm sich ihre Worte zu Herzen und beschloss, von diesem Tag an anders zu leben. Zu seiner Überraschung folgten positive Dinge, und er wurde immer glücklicher. Der Spruch aus dem Mund der betagten Frau war einfach und doch tiefgründig: „Ich danke Ihnen.“ Diese Anekdote wurde in einem Buch von einem japanischen Doktoringenieur als persönliche Erfahrung wiedergegeben.

In einem Stahlwerk in Korea brachten die Arbeiter Dankbarkeitsaufkleber an Maschinen an, die rund um die Uhr in Betrieb waren. Erstaunlicherweise halbierte sich die Ausfallrate dieser Maschinen innerhalb von zwei Jahren. Konnten die Maschinen die Dankesworte verstehen? Untersuchungen ergaben, dass die Stahlarbeiter nach dem Anbringen der Aufkleber ein stärkeres Gefühl der Fürsorge und Aufmerksamkeit gegenüber den Maschinen entwickelten, was zu einer besseren Wartung führte.

Dankbarkeit besitzt eine außergewöhnliche Kraft. Sie kann nicht nur ungünstige Situationen umkehren, sondern, wenn sie konsequent und bis zur Gewohnheit praktiziert wird, das ganze Leben eines Menschen zum Besseren verändern.

Dankbarkeit: Ein Nährboden für Geist, Körper und Seele

Wenn Dankbarkeit das Herz erfüllt, zaubert sie ein Lächeln aufs Gesicht, und aus dem vollen Herzen sprudeln nur so sanfte und freundliche Worte hervor wie beim Empfinden von Zufriedenheit und Freude, die in Anlehnung an das Sprichwort „Wohin der Faden geht, dahin geht auch die Nadel“ untrennbar miteinander verbunden sind und zusammen eine Grundlage für ein glückliches Leben schaffen.

Dankbarkeit ist nicht nur ein psychologischer Zustand, sondern löst auch tiefgreifende physiologische Veränderungen aus. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Dankbarkeit die Lustzentren des Gehirns aktiviert und die Ausschüttung von Glückshormonen wie Oxytocin, Dopamin und Serotonin anregt. Diese Hormone sorgen nicht nur für Freude, sondern aktivieren auch die Lernfunktion des Gehirns, steigern die Kreativität und senken den Stress, sodass man auch in schwierigen Situationen besser zurechtkommt. Wiederholte Erfahrungen der Dankbarkeit führen im Laufe der Zeit das Gehirn dazu, Positivität und Freude besser wahrzunehmen, was dauerhafte Vorteile und Effekte mit sich bringt.

Dr. Paul Mills von der University of California führte eine Studie mit 186 Herzpatienten durch und stellte fest, dass diejenigen, die Dankbarkeit empfanden, weniger depressiv, emotional stabiler waren und eine bessere Schlafqualität erreichten. In einem Folgeexperiment wurden die Patienten gebeten, zwei Monate lang ein Dankbarkeitstagebuch zu führen. Die Ergebnisse zeigten eine Verringerung der Entzündungswerte und ein geringeres Risiko für Herzerkrankungen.

Der Grund, warum Dankbarkeit das Herzinfarktrisiko beeinflusst, ist, dass Herz und Gehirn eng miteinander verbunden sind. Wenn wir negative Gefühle wie Wut und Groll empfinden, wird die Amygdala im Gehirn aktiviert, die auf Stress reagiert, was zu einer erhöhten Ausschüttung von Cortisol und Adrenalin führt. Diese Stresshormone lassen das Herz schneller und unregelmäßiger schlagen und verursachen eine Reihe von negativen Reaktionen im Körper, wie Gefäßverengung, Blutdrucksteigerung und eine Schwächung des Immunsystems. In schweren Fällen kann dies zu Herzschmerzen führen. Untersuchungen mit Herzfrequenzmessung und Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirns haben ergeben, dass die Herzfrequenz, der Blutdruck, die Immunfunktion und der Hormonhaushalt am besten sind, wenn wir dankbare Gedanken hegen. Dankbarkeit ist nicht nur eine Sache des guten Gefühls, sondern schützt auch unsere körperliche und geistige Gesundheit.

Faktoren, die die Dankbarkeit behindern

Kinder vergessen selten die Momente, in denen ihre Eltern sich gestritten oder sich über sie geärgert haben. Sie erinnern sich tendenziell lebhafter und länger an negative Erlebnisse als an positive – und diese Tendenz hält oft bis ins Erwachsenenalter an. Selbst wenn an einem Tag zehn gute Dinge passieren, kann ein einziger unangenehmer Moment in unseren Gedanken im Mittelpunkt stehen. Diese menschliche Tendenz, negativen Informationen, Erlebnissen und Emotionen mehr Gewicht beizumessen als positiven oder neutralen, wird als „Negativitätsbias (oder Negativitätseffekt)“ bezeichnet. Anders ausgedrückt: Negative Ereignisse haben oft einen stärkeren Einfluss auf unsere Gedanken, Gefühle und Handlungen als positive. Aufgrund dieser psychologischen Wirkung ist der Mensch anfällig für Angst, Wut und Furcht, während er sich für die Vorteile, die er genießt, nicht interessiert. Ohne uns dieser Tendenz bewusst zu sein, beschweren wir uns möglicherweise ständig, oft ohne es überhaupt zu merken.

Manche behaupten, es sei gut, Frust offen herauszulassen, und glauben, es sei ungesund, negative Emotionen in sich hineinzufressen. Die Forschung deutet jedoch darauf hin, dass das laute Aussprechen von Beschwerden oder Handlungen wie das Schlagen auf ein Kissen, um Wut abzulassen, negative Emotionen oft eher verstärken als lindern. Dies liegt daran, dass das Gehirn nicht zwischen realen und eingebildeten Erfahrungen unterscheiden kann; die Erinnerung an ein negatives Ereignis fühlt sich an, als würde man es noch einmal erleben.

Ständiges Vergleichen ist der Feind der Dankbarkeit. Wenn wir mit solchen Kollegen wetteifern, denen es in allerlei Hinsicht besser geht, fühlen wir uns möglicherweise minderwertig und unglücklich, was es uns erschwert, dankbar für das eigene Leben und die eigenen Erfolge zu sein; wenn wir uns jedoch mit denen vergleichen, die ohnehin ein schweres Leben haben, verfallen wir eventuell in ein Überlegenheitsgefühl. Wahre Dankbarkeit entsteht nicht durch Vergleiche, sondern durch die Wertschätzung dessen, was wir bereits haben.

Ein übersteigertes Selbstwertgefühl kann die Fähigkeit zur Dankbarkeit ebenfalls beeinträchtigen. Menschen mit stark narzisstischen Tendenzen schreiben Erfolge schnell ausschließlich ihren eigenen Bemühungen zu und sind nicht allzu großzügig darin, anderen Anerkennung zukommen zu lassen. Wenn man Freundlichkeit und Entgegenkommen seitens anderer als selbstverständlich ansieht, schwindet die Dankbarkeit natürlich. Das Überwinden dieser Barrieren beim Ausdrücken von aufrichtiger Dankbarkeit erfordert bewusste Anstrengung um frühzeitige Erkenntnis und Beseitigung der Hindernisfaktoren.

Dankbarkeit beginnt mit Bewusstsein, nicht mit Bedingungen

Unvorhergesehene Ereignisse, unkontrollierbare Umstände und Situationen, die negative Gefühle hervorrufen, können jederzeit im Alltagsleben auftreten. Das Einzige, was wir dabei tun können, ist zu wählen, wie wir es aufnehmen und darauf reagieren. Jede Situation hat zwei Seiten, und was gut oder schlecht erscheint, hängt oft davon ab, wie wir sie interpretieren. Je mehr wir uns auf das Positive konzentrieren und für die Dankbarkeit entscheiden, anstatt uns von äußeren Umständen beeinflussen zu lassen, desto mehr können wir unser Wohlbefinden und unsere Lebensqualität steigern.

Dankbarkeit erfordert kein besonderes oder außergewöhnliches Ereignis, sondern wir können sie zu jeder Tages- und Nachtzeit zeigen. Sie ist nicht einfach eine emotionale Reaktion auf ein bestimmtes Geschehnis oder eine bestimmte Situation, sondern das Erkennen und Anerkennen der Segnungen und Vorteile, die bereits in unserem Leben vorhanden sind. So wie wir die Wichtigkeit und den Wert von etwas oft erst erkennen, wenn es uns genommen wird, können wir auch gegenüber den Dingen, für die wir dankbar sein sollten, stumpf werden, wenn wir sie als eine Selbstverständlichkeit hinnehmen, ohne sie zu schätzen oder zu würdigen. Deshalb müssen wir aufmerksam bleiben. Wenn wir die Welt durch die Linse der Dankbarkeit betrachten, beginnen wir, eine endlose Anzahl von Dingen zu entdecken, die wir wertschätzen können.

Dankbarkeit ermöglicht uns nicht nur, gegenwärtiges Glück zu genießen, sondern hilft uns auch, vergangene Erinnerungen im positiven Sinne zu bewerten. Die einst belastenden und schmerzhaften Erfahrungen können als bedeutsame Momente im Gedächtnis bleiben, die unser Wachstum nachhaltig beeinflusst haben. Dieser Perspektivwechsel verleiht uns mehr Flexibilität und Resilienz in unserer zukünftigen Lebenseinstellung. Wenn wir uns der Tatsache bewusst werden, dass selbst die Schwierigkeiten ihre Vorteile in sich tragen, und uns für Dankbarkeit entscheiden, gewinnen wir Kraft und Willen zum Durchhalten, und fast im selben Moment beginnen schon unnötige Sorgen und Ängste zu schwinden.

Manche betrachten ein Leben in Dankbarkeit fälschlicherweise als passive Haltung; also ein bequemes Leben in Wohlstand und Zufriedenheit ohne Ziel und Ehrgeiz. Doch in Wahrheit beinhaltet Dankbarkeit eine aktive und bewusste Geisteshaltung: Sie erfordert von uns, Wertschätzung zu erkennen, zu fühlen und auszudrücken. Wie körperliche Betätigung oder das Erlernen eines Musikinstruments setzt Dankbarkeit unbedingt regelmäßige Übung und Anstrengung voraus. Ihre Wirkung ist am größten, wenn sie nicht nur im Herzen bleibt, sondern uns zur Gewohnheit wird. Zu den effektivsten Möglichkeiten, Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen, gehören Dankeskarten, ein Dankbarkeitstagebuch und Dankesbriefe.

Wenn wir Dankbarkeit zu einer Lebenseinstellung machen, schwindet unser Anspruchsdenken, und wir erkennen die Kehrseite der Vorteile, die wir genießen. Wenn sich unser Fokus von uns selbst auf die Welt um uns herum verlagert, bemerken wir, dass selbst in den kleinsten, alltäglichsten Dingen oft die Hingabe und Aufopferung anderer Mitmenschen stecken. Und wenn negative Emotionen aufkommen, wirkt Dankbarkeit als Gegenmittel, das unnötige emotionale Belastungen und Energieverlust reduziert. Allmählich werden unsere Herzen großzügiger und unsere Gedanken gelassener.

Wenn Glück allein vom Geschehen guter Dinge abhängt, kann es schwierig sein, es zu erlangen. Freude stellt sich selten eines Tages plötzlich von selbst ein, denn es ist ein Prozess, der Zeit und Anstrengung erfordert, um sie zu kultivieren und zu erleben. Und auch wenn wir etwas Wunderbares erleben, verfliegt die anfängliche Begeisterung mit der Zeit.

Mit Dankbarkeit ist Glück jedoch immer erreichbar, wann auch immer wir es wollen. Vom Morgengrauen, wenn wir aufwachen, bis zum Spätabend, wenn wir uns zu schlafen legen, sollten wir es wertschätzen, Dankbarkeit mit unserer Familie zu teilen und einander als Quelle der Dankbarkeit zu sehen. Wie das Sprichwort sagt: „Glück kommt durch die Tür der Dankbarkeit“, steht diese Tür in einer glücklichen Familie rund um die Uhr sperrangelweit offen.