Entkommen aus dem Labyrinth

Ryu Mi-gyeong aus Busan in Südkorea

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Eines Tages gingen die Gemeindemitglieder im Jungerwachsenenalter zusammen in den Busaner Bürgerpark. Der umweltfreundliche Park mit verschiedenen Themen bot viele Attraktionen.

Bei einem Spaziergang durch den Park fiel uns ein interessanter Ort ins Auge: Es war ein Labyrinthgarten. Es gab komplizierte Routen in verschiedene Richtungen mit Kamelienbäumen als Mauern.

Wir, die jungen Erwachsenen, waren voller Neugier, durften uns auf keinen Fall die Chance entgehen lassen, ohne Zögern durch das Labyrinth zu gehen. So betraten wir sofort den Irrgarten. Wir entschieden, dass derjenige, der zuerst aus dem Labyrinth herauskommt, der Sieger beim Wettlauf sein würde. Nachdem wir uns die Labyrinth-Karte am Startpunkt genau angesehen hatten, machten wir uns gleich auf den Weg.

Zuerst folgte ich kurz entschlossen der Route und erinnerte mich an die Karte, aber mit der Zeit verschwand die Karte aus meinem Gedächtnis und ich war völlig verwirrt:

„Ist das der richtige Weg oder doch der andere?“

So rannte ich hin und her, aber jedes Mal war nirgends ein freier Durchgang zu sehen. Zwar lief ich die gleiche Strecke ein paar Mal, doch geriet stets in eine Sackgasse und tappte nachher sogar auch in eine Falle, während ich anderen Leuten folgte. Als ich letzten Endes ganz verloren im Labyrinth festsaß, hörte ich aus der Ferne eine vertraute Stimme:

„Schwester, nach links!“

Als ich mich umdrehte, um festzustellen, aus welcher Richtung die Stimme kam, riefen uns die Schwestern, die nicht am Lauf durch das Labyrinth teilgenommen hatten, vom Observatorium aus zu, mit einem atemberaubenden Blick über den gesamten Labyrinthgarten und die Umgebung:

„Nein, geh wieder nach rechts!“ „Ach du meine Güte! In die andere Richtung!“

Immer wieder versuchten sie voller Eifer, mir zu erklären, welchen Weg ich einschlagen sollte, aber es war schwierig, ihrer Anleitung zu folgen, weil die Baumwände mir die Sicht versperrten. Dank der Schwestern, die mir mit besorgter und ernster Stimme den Ausweg zeigten, gelang es mir gerade noch, aus dem Labyrinth zu entkommen. Ich war ihnen dankbar, dass ich es Gott sei Dank vor Sonnenuntergang geschafft hatte.

Eine der Schwestern, die uns vom Observatorium aus ansahen, sagte – sich an die Brust schlagend – zu mir:

„Wir haben dir gesagt, du sollst diesen Weg gehen! Es war so frustrierend, dich von oben zu betrachten.“

Dann sagten alle mit einer Stimme: „Wie sehr bedrückt und niedergeschlagen muss es für Himmelsvater und Himmelsmutter sein!“

Der Aufenthalt im Irrgarten erinnerte mich an unseren geistlichen Status. Als ich das Labyrinth betrat, war ich zuversichtlich, ohne jegliche fremde Hilfe aus dem Labyrinth herauskommen zu können. Da ich mir die Karte gründlich einstudiert hatte, bevor ich in den Garten mit verzweigten Wegen eintrat, wog ich mich jedenfalls in Sicherheit, konnte mich aber überhaupt nicht an die Karte erinnern, als ich mich verlief.

Dieser Vorfall brachte mich dazu, über mich selbst nachzudenken, ob ich vielleicht Gott nicht vergessen habe, vor lauter Optimismus und Zuversicht, alles alleine schaffen zu können, während ich nur mit der vagen Hoffnung auf das Himmelreich den Weg des Evangeliums beschreite.

Es ist Gott, der alles von Anfang an sieht; daher vermag nur Gott allein uns in den Himmel zu führen. Wie frustrierend muss es für Himmelsvater und Himmelsmutter sein, zuzusehen, wie ihre Kinder so tun, als wüssten sie ohnehin, sich schließlich irgendwie den Zugang zum Himmelreich verschaffen zu können, obwohl sie in Wirklichkeit nicht mal ein paar Sekunden vorausblicken.

Damit sich Vater und Mutter nicht immer wieder enttäuscht und verzweifelt fühlen, werde ich auf ihre Worte achten, ihren Stimmen folgen und ohne Zögern in Richtung Himmelreich marschieren. Ich danke Vater und Mutter dafür, dass sie uns, den jungen erwachsenen Mitgliedern, ermöglicht haben, ihre Gedanken und Wege zu verstehen und durch eine besondere Erfahrung eine tiefe und umfassende Erkenntnis zu erlangen, ein immer größeres Verständnis für die Vorsehung und den Ratschluss der Elohim.