Erst denken, dann reden

Es gibt ein Sprichwort: „Achte mehr auf die Worte, die aus deinem eigenen Mund kommen, als auf die Worte, die aus dem Mund anderer kommen.“ In jedem Land, in dem die Sprache als Kommunikationsmittel verwendet wird, gibt es viele Zitate über die Bedeutung von Worten. Worte sind das beste Mittel, um Gedanken und Informationen auszutauschen. Andererseits können Worte aber auch die Gefühle des anderen verletzen und zu Missverständnissen und Streitigkeiten führen; diese Lektion haben die Menschen durch ihre über lange Zeit gesammelten Erfahrungen gelernt, obwohl ihre Sprachen unterschiedlich sind.

Konversation ist interaktive Kommunikation. Es bedeutet, dass es einen Sprecher und einen Zuhörer gibt. Wenn wir uns einen Ball zuwerfen, kann der Ball in eine ganz andere Richtung gehen als beabsichtigt. Das Gleiche gilt für das, was wir sprechen. Da sich die Situation, die Denkweise und die Wertvorstellungen eines jeden Menschen voneinander unterscheiden, wird die eigene Absicht manchmal falsch wiedergegeben, und man kann sich unwohl fühlen, obwohl man weiß, dass die andere Person keine böse Absicht hatte. Ebenso kann ein sprachlicher Lapsus dazu führen, dass sich jemand unangenehm berührt fühlt, unabhängig von der eigenen Absicht, und dass derjenige es bedauert.

Was einmal gesagt wurde, kann nicht mehr zurückgenommen werden wie ein geworfener Ball, deshalb müssen wir uns darin üben, uns selbst zu fragen und nachzudenken, bevor wir Worte aussprechen. Was sind also die Dinge, über die wir nachdenken müssen, bevor wir sprechen? Die Antwort liegt in dem Wort „denken“. Anhand der fünf Buchstaben des Wortes denken (auf Englisch THINK)lernen wir fünf Punkte kennen, die wir für eine angenehme Konversation im Hinterkopf behalten sollten.

Ist es wahr (true)?

Wenn es um Worte geht, die nicht wahr sind, denken die Menschen meist an übertriebene Bemerkungen, Klatsch und Tratsch, Fake News usw. Man kann aber auch etwas sagen, das nicht wahr ist, auch wenn man nicht die Absicht hat, zu lügen. Es sind Worte, die verallgemeinert oder verdreht werden, und Worte, die auf einer voreingenommenen Interpretation und Beurteilung beruhen.

Wenn Sie einer Person Ihre subjektiven Gedanken mitteilen, ohne sie zu filtern, und dabei glauben, dass sie wahr sind, könnten Sie sie ungewollt täuschen. Nehmen wir an, Sie sagen: „Ich war auf einer Reise und habe jemanden nach dem Weg gefragt, aber er ist einfach weggegangen und sagte, er sei beschäftigt. Alle Menschen in diesem Land sind unfreundlich. Tatsache ist, dass die Person, die Sie nach dem Weg gefragt haben, Ihnen einfach den Rücken gekehrt und gesagt hat, sie habe beide Hände voll zu tun. Sie können nicht behaupten, dass alle Menschen in diesem Land unfreundlich sind, denn dann würden Sie einen Fehler begehen, wenn Sie aufgrund von ein oder zwei Erfahrungen alle Menschen in diesem Land verallgemeinern. Wenn Sie Ihre Gefühle ausdrücken wollen, ohne einen solchen Fehler zu begehen, müssen Sie eine „Ich-Aussage“ machen und sagen: „Ich hatte das Gefühl, dass die Menschen dort unfreundlich waren.“

Wenn Sie so sprechen, als sei das, was Sie denken, eine Tatsache, gibt es immer Opfer. Ein einmal gefestigter Gedanke lässt sich nicht so leicht ändern. Aus diesem Grund kann ein festgelegter Gedanke eine Ursache für einen Konflikt sein, und die Menschen sind zufällig in den Konflikt verwickelt, ohne die Wurzel des Problems zu kennen. Um dies zu verhindern, müssen Sie zwischen einer Tatsache und einer Interpretation [Urteil] unterscheiden und sich bewusst sein, dass Ihr Urteil und Ihre Interpretationen falsch sein könnten.

Ist es hilfreich (helpful)?

Manchmal verursacht das, was Sie jemandem in der Absicht sagen, ihm zu helfen, ein Problem. Einen Ratschlag zu geben, auf einen Fehler hinzuweisen, sich einzumischen und einen Sprechenden in störender Weise zu unterbrechen, könnten ein Problem verursachen. Wenn Sie versuchen, die Gedanken oder das Verhalten einer Person zu ändern, obwohl diese Person Sie nicht einmal um Hilfe gebeten hat, wird es nicht wirksam sein, auch wenn Sie es mit einer wirklich guten Absicht sagen und denken, dass die Person es hören muss.

Beim Go-Spiel mischen sich die Zuschauer manchmal ein und geben einen Hinweis. Da es einen Unterschied in der Sichtweise zwischen den Spielern und den Zuschauern gibt, die das Spiel beobachten, findet ein Zuschauer manchmal etwas, das ein Spieler übersieht. So sieht manchmal die dritte Person etwas an einer anderen Person, das sie selbst nicht bemerkt. Wenn Sie es jedoch abrupt sagen, hat der Zuhörer das Gefühl, dass seine Fähigkeiten nicht anerkannt werden, und meint, dass Sie sagen, dass Sie besser sind als er. Dadurch fühlt er sich eher in die Defensive gedrängt, als dass ihm geholfen wird.

Dies gilt auch für Situationen, in denen es sich bei dem, was Sie sagen, um sachliche Informationen handelt. Nehmen wir an, Sie genießen den Abend bei gutem Essen, aber Ihr jüngerer Bruder sagt zu Ihnen: „Da sind wahrscheinlich viele chemische Gewürze drin.“ Oder Sie freuen sich, dass Sie etwas Billiges gekauft haben, aber Ihre ältere Schwester sagt zu Ihnen: „Das ist nicht billig. Ich kenne einen Laden, der es noch billiger verkauft.“ Sie werden sich unwohl fühlen. Deshalb müssen Sie darauf achten, wie sich die andere Person fühlen wird, auch wenn das, was Sie ihr sagen wollen, hilfreich und nützlich ist.

Ist es inspirierend (inspiring)?

Wenn Sie jemandem, den Sie mögen und lieben, wirklich helfen wollen und hoffen, dass er sich bessert, sollten Sie ihm keine bitteren Kommentare geben, sondern andere Wege einschlagen: Komplimente, Ermutigung, Anerkennung oder Aufmunterung.

So wie Sportler oft ein gutes Ergebnis erzielen, wenn sie von den Zuschauern angefeuert werden, brauchen wir Zuversicht und Mut, um etwas Besseres zu erreichen. Komplimente und Ermutigung geben positive Energie und wecken den Wunsch, uns zu verbessern, und inspirieren uns, unser Potenzial zu zeigen. So wie es den Menschen schwerfällt, ihre Schwachstellen zu finden, so erkennen sie auch ihre Stärken nicht oft an. Wenn Ihnen jedoch jemand sagt, was Ihre Stärken sind, werden Sie eine große Freude empfinden. Wenn Sie andere anerkennen, wenn sie etwas Erstaunliches tun, sei es im Großen oder im Kleinen, oder wenn sie sich anstrengen, auch wenn sie etwas nicht schaffen, werden sie auch in stressigen Situationen stark bleiben können.

Zwischen Menschen, die ein starkes Vertrauen zueinander haben und glauben, dass sie auf der gleichen Seite stehen, akzeptieren sie auch einen bitteren Ratschlag. So wie man gerne bittere Medizin probiert, wenn man sie mit einem süßen Bonbon bekommt, kann man auch bittere Worte akzeptieren, wenn man überzeugt ist, dass derjenige, der einen berät, einen liebt und unterstützt.

Wenn Sie ihnen vertrauen, auf sie warten und sie mit positiven Worten ermutigen, verschwinden Konflikte und Unstimmigkeiten. Die Stärken anderer durch genaue Beobachtung zu erkennen und sie mit Worten auszudrücken, ist der beste Weg, seine Zuneigung zu zeigen.

Ist das notwendig (​necessary)?

Eine gute Möglichkeit, ein angenehmes Gespräch zu führen, besteht darin, gemeinsame Interessen zu finden, aber noch wichtiger ist es, unnötige Themen zu vermeiden. Worauf jemand gar nicht neugierig ist oder was nichts mit ihm zu tun hat, darüber braucht man nicht zu reden. Auch mit sich selbst zu prahlen, sich mit anderen zu vergleichen oder über etwas zu sprechen, das andere verbergen wollen, ist etwas, worüber man besser nicht spricht.

Um ehrlich zu sein, müssen Sie nicht alles preisgeben, was Ihnen durch den Kopf geht, oder alles erzählen, was Sie gesehen und gehört haben. Wenn Sie zum Beispiel zu jemandem, der entlassen wurde, sagen: „Sie sind jetzt arbeitslos“, ist das zwar keine falsche Information, aber es ist nicht notwendig. Auch wenn Sie etwas über jemanden von einer dritten Person erfahren, sollten Sie es dieser Person gegenüber nicht erwähnen, bevor die dritte Person es nicht selbst erwähnt hat. Auch wenn das, was Sie sagen möchten, wahr ist, sollten Sie zuerst denken: „Wird das für ihn/sie hilfreich sein?“ Auf diese Weise können Sie leicht herausfiltern, was nicht notwendig ist.

Wenn es etwas ist, das nicht notwendig ist, aber ein Thema für ein angenehmes Gespräch sein kann, ohne jemandem zu schaden, hilft es der Beziehung des anderen besser. Wenn es sich jedoch um etwas handelt, das einen Streit vom Zaun brechen lassen und eine unangenehme Stimmung hervorrufen könnte, ist es besser, es nicht zu sagen, selbst wenn man es möchte.

Ist es nett (kind)?

Auch wenn das, was Sie sagen wollen, wahr, hilfreich, anregend und notwendig ist, ist es nutzlos, wenn es daran mangelt. Es ist eine sanfte Art zu sprechen, mit einem freundlichen Lächeln, d. h. mit Freundlichkeit. Wie großartig Ihre Botschaft auch sein mag, wenn Sie sie unverblümt aussprechen, wird der gute Sinn der Botschaft verzerrt wiedergegeben. Wenn sich andere verletzt fühlen, obwohl Sie keine bösen Absichten hatten, könnte das an der Art liegen, wie Sie sprechen.

Wenn Menschen verärgert oder niedergeschlagen sind, fällt es ihnen schwer, ihre Gefühle im Gespräch zu verbergen. Wenn Ihnen die Art und Weise, wie die andere Person spricht, nicht gefällt, erheben Sie vielleicht Ihre Stimme oder verlieren Ihr Lächeln, obwohl Sie mit einem Lächeln begonnen haben. Sie müssen also Ihre negativen Gefühle wie Ärger und Gereiztheit kontrollieren, um eine gute Beziehung zueinander aufrechtzuerhalten.

Eine freundliche Einstellung verringert das Risiko, ein großes Problem zu verursachen, auch wenn jeder eine andere Meinung hat. Wenn eine Person von Ihrer Freundlichkeit mitgerissen wird, wird sie eher Ihrem Willen folgen, als auf ihrer eigenen Meinung zu beharren. Wenn Sie jedoch etwas aufdringlich und bissig sagen, können Sie sie vielleicht dazu bringen, Ihnen zu folgen, aber ihr Herz wird sich von Ihnen entfernen.

Ein mit ganzem Herzen zubereitetes Essen sieht ansprechender und köstlicher aus, wenn es in einer schönen Schüssel angerichtet ist. Das Gleiche gilt für das Aussprechen Ihrer Gedanken in Worten. Sanft gesprochene Worte mit einem freundlichen Lächeln erfreuen den Zuhörer; solche Worte schaffen nicht nur eine freundliche Atmosphäre, sondern bauen auch Vertrauen zueinander auf und entwickeln ihre Beziehung.

Freundliche Worte schließen eine eiserne Tür auf. Türkisches Sprichwort

Freundliche Worte sind viel wert und kosten wenig. Britisches Sprichwort

Ein freundliches Wort kann den ganzen Tag eines Menschen verändern. Anonym

Eigentlich ist es unmöglich, in dem, was wir sagen, keinen Fehler zu machen, soweit wir Sprache verwenden. Man kann jedoch viele Fehler vermeiden, indem man sich vor dem Sprechen Gedanken darüber macht, wie die eigenen Worte auf den Zuhörer wirken und wie man angenehmer sprechen kann. Wenn Sie durch Erfahrungen lernen und sich bemühen, können Sie Ihre Fehler beim Sprechen verringern.

Man kann zwar nicht zurücknehmen, was man bereits gesagt hat, aber man kann ein anderes Ergebnis erzielen, je nachdem, wie man damit umgeht. Wenn Sie die Gefühle einer anderen Person durch Ihre Äußerungen verletzt haben, auch wenn Sie es nicht so gemeint haben, geben Sie Ihren Fehler zu und entschuldigen Sie sich, anstatt ihn mit der Ausrede zu rationalisieren, dass Sie es nicht so gemeint haben, oder der anderen Person die Schuld dafür in die Schuhe schieben, dass sie sich über etwas so Triviales aufregt. Auf diese Weise können Sie einen Streit aus dem Weg räumen. Wenn Sie sich wegen einer Äußerung unwohl gefühlt haben, vergessen Sie sie, indem Sie denken: „Ich bin sicher, dass er/sie es nicht so gemeint hat“, wenn Sie wissen, dass er/sie keine böse Absicht hatte. Dann wird er/sie Ihre Großzügigkeit in Bezug auf seine/ihre Fehler zu schätzen wissen und sich lange Zeit dankbar und liebevoll fühlen. Sorgfältiges Sprechen und gutes Zuhören auf der Grundlage von Verständnis sind zweifellos das allerwichtigste Fundament für den Aufbau einer guten Beziehung.